Volare cantare... mit Franz Josef's Flügeln gen Süden
Wo einst Domenico Modugno zum musikalischen Höhenflung ansetzte und mit seinem Schlager "volare cantare" eine Weltkarriere begann, wo Emanuela Villa mit ihrer Stimme den kleinen Dorfplatz in "großes Italien" verwandelte, da liegt heute ein ganz besonderer "sound" in der Luft.
Zwei Flugmotoren, mit je 250 PS ausgestattet, zeigen, was in ihnen steckt.- Don Pino, Chef der Bar L'Amicizia, läßt seine berühmten Kuchenplatten fallen,
Umberto vom Camping La Roccia schreckt aus seiner Siesta hoch; doch schon ist der Spuk vorbei: The "one and only" DO 28 aus Germania ist soeben auf Lampedusa gelandet.
Die Mannschaft der örtlichen Feuerwehr steht bereit, Pepuccio vom Turm eilt uns entgegen;
ciao Johannes (landesgemäß in Giovanni umbenannt), ciao Ansmut(o), ciao Monika, benvenuti all'Isola di Lampedusa!
Lampedusa? Cool, wo is'n das?
Genau das haben wir bis in die 90er Jahre auch nicht gewußt. Aber dann gab's auf der Aero in Friedrichshafen eine Europakarte, und wir machten darauf eine Entdeckungsreise mit dem Finger eben bis nach Lampedusa.
Südlichster Punkt Europas; Italien oder doch schon Afrika? Malta, Libyen nicht weit entfernt, höchst spannend. Und das Wichtigste für uns: die Insel hat einen Flugplatz!
Und wie sieht es dort aus? ENIT, das staatliche italienische Reisebüro in Frankfurt, gab (oder hatte) keine Informationen, einziger Kommentar: Lampedusa? Is' schönes Insel...
Reiseführer gekauft, geblättert. Lampedusa, früher Gefangeneninsel, heute Schafzucht, Weinanbau, ein Dorf, eine Radarstation....
Käse, Wein, ein Horchposten zu Ghaddafi? Warum nicht, und fliegerisch sicher eine tolle Sache.
Also auf nach Lampedusa!
Halt, stop, so weit sind wir noch nicht. Es blieb für einige Jahre bei dem Traum.
Eine "Schönheit mit Vergangenheit"
Nun aber ein paar Worte zur DO 28 A: sie flog bis vor 15 Jahren unter einer ganz anderen Flagge bis zu ihrer Heimkehr nach Deutschland, "eine Schönheit mit Vergangenheit.- Anfang der 60er Jahre freute sich F.J. Strauß, der die DO, Bj. '61, als sein persönliches Reiseflugzeug bevorzugte, über das Paradestück. Dann folgte ein Umzug zu den "Preiß'n" von Rhein Braun als Vermessungsflugzeug. Anschließend verfiel die D-ILPB in einen langjährigen Dornröschenschlaf in Belgien. Von einem isländischen Flugkapitän wurde sie wieder zum Leben erweckt, flog über Gletscher und Geysire, aber Eigentümer Harald fand die nächst größere DO und war deshalb bereit, die TF-DOV, an uns zu verkaufen. Es ist z.Zt. die einzige noch flugfähige DO 28 A in Deutschland. Der Bau unserer Funkstunde erforderte im vergangenen Jahr dann leider den Verkauf des Flugzeugs an das Dornier Museum.
Pronto a rullare
Einge Jahre später, der Traum wurde wahr. Wir waren bereit zum rollen und, das große Hoch kam wie bestellt. Ende Mai ging die kleine Mannschaft an Bord.
Es konnte losgehen, die Schwimmwesten waren gezählt, und für die Strecke über Trier nach Luxemburg stellte "Giovanni" die beiden roten Hebel auf "laut" (so ein durstiger Vogel, ca. 80-90 l/Std., freut sich besonders über fliegerfreundliche Preise, wie z. B. in Luxemburg). Unsere DO war mit Avionik nicht sehr reich ausgestattet, also zauberte unser Co. Ansmut(o) sein kleines GPS aus der Tasche hervor.
Der nächste Flugplan war schnell gemacht, und weiter ging's bis zum Tagesziel Südfrankreich. Zur Vereinfachung der Navigation war ein Wochenende bewußt gewählt, es ging so problemlos durch die vielen französischen Lufträume bis ans Mittelmeer.
Starker Gegenwind über der Rhône ließ uns dann nach fast dreieinhalb Stunden im Bereich der Küste nach einem Landeplatz Ausschau halten. Das gastliche Carpentras erwies sich als gut gewählt. Freundliche Mitglieder des örtlichen Aero-Clubs halfen uns bei allem; Schließen des Flugplans, dessen Ziel eigentlich Cannes hieß, Sichern des Fluzeugs, Vermitteln eines Hotels, dessen Inhaber uns auch noch vom Platz abholte. Und das Ganze ohne Lande- und Abstellgebühr. Im Clubhaus stand dafür eine Kaffeekasse, über die wir den herzlichen Empfang etwas ausgleichen konnten. Kurzes Gespräch, wo geht's denn hin? Und großes Erstaunen, als wir gegenseitig entdeckten, daß nicht nur wir, sondern auch unsere drei neuen Freunde Lampedusa anfliegen wollten.
Nach einer guten Nacht in dem ausgezeichneten Hotel (über das Restaurant wollen wir höflich hinwegfliegen) brachen wir am Morgen auf zu einem Flug von 20 Minuten nach Cannes.
Tanken und Abwicklung freundlich und schnell, nur den Flugplan nach Cagliari, unserer nächsten Station, hätten wir in einen Computer hämmern müssen; nichts für uns "Oldtimer", also vom Abstellplatz mit dem Handy Bremen angerufen und Flugplan gemacht. Wetter und Wind stimmten, nach 2 Stunden und 20 Minuten Landung auf Sardinien. - Nun sollte sich's zeigen: ist es in Italien für den Kleinflieger so ungemütlich wie oft beschrieben? Così, così, wir haben die Erfahrung gemacht, daß man einen umständlicheren Papierkrieg als in Nordeuropa akzeptieren muß. Aber, und das kam uns zugute, schon mit geringen italienischen Sprachkenntnissen und dem Eingehen auf den freundlichen italienischen Alltagston, der schließlich auch auf dem Flugplatz herrscht, kann man diese Hürden leicht überspringen. An allen von uns angeflogenen Plätzen gab es Benzin, hier in Cagliari aber nur einen Tankwagenfahrer, der mit zwei Airlinern beschäftigt war, doch pünktlich nach der versprochenen halben Stunde erschien.
Nun kleine Mannschaftskonferenz. Sollten wir von hieraus etwa direkt nach Lampedusa fliegen? Wir wußten, auf der Insel gab es kein Benzin, und in den Tanks müßten sich noch Reserven für den Rückflug nach Sizilien befinden. Die Rechnung ergab: es paßt!
Etwas aufregend war er schon, der Start zur letzten Etappe. Endlich, nach den Jahren des Träumens sollte er nun wahr werden, der Flug nach Lampedusa.
Mit einem kleinen Haken um den tunesischen Luftraum herum lag Pantelleria
am Wege, schließlich kam nach 2 Stunden und 24 Minuten Lampedusa in Sicht.
Anflug Lampedusa vorbei an der Isola Dei Conigli
Landung, s. o.
Auf allen Wasserstrecken haben wir übrigens problemlos FL 75 bekommen, eine doch etwas beruhigende Höhe. Seit Jahren bereisten wir die Insel per Schiff oder mit den umständlichen und teils unzuverlässigen Linienflugverbindungen, diesmal sah das Vertraute durch zwei kleine Flugzeugschlüssel in der Tasche etwas anders aus. Und unsere Freunde auf Lampedusa hatten es schon gar nicht mehr geglaubt, daß wir unsere jahrelange Ankündigung, mit der DO anzureisen, einmal realisieren würden.
Lampedusa - Isola del sole
Die Insel ist ca. 21 Quadratkilometer groß und wird durch ihre Lage auch die "italienischen Tropen" genannt, eine schöne Beschreibung für die einzigartige Mischung aus der Erdplatte und dem Klima Nordafrikas und der Kulturgeschichte Europas. Diese Athmosphäre blieb bis heute erhalten, besonders, da die Insel vom industrialisierten Pauschaltourismus verschont blieb, für den es auf allen Ebenen auch keine Infrastruktur gibt.
In den drei Sommermonaten besuchen fast ausschließlich Norditaliener Lampedusa und füllen die wenigen und nicht großen, dafür aber recht kostspieligen Hotels.
Leider wurde die Insel im 19. Jahrhundert abgeholzt, ist bis heute recht karg, hat jedoch Traumstrände, einzigartige Tauchgründe und eine woanders kaum zu findende Wasserqualität. Nur, von dem, was der Reiseführer "versprach", findet der Tourist zwar die Radarstation, aber den wenigen Käse und die paar Flaschen Wein aus kleinen Privatgärten genießen die Insulaner selbst. Doch alte Freunde bekommen stets eine Probe von beidem, nicht ohne zuvor an der Familientafel mit Bergen von Pasta, Scampi, Thunfisch, Schwertfisch, verwöhnt worden zu sein.-
Flieger- Archäologie leicht gemacht: auf dem Flugplatz von Lampedusa steht in noch erkennbarem Zustand eine Grumman Albatros als Erinnerung an die Sanitätsflüge in der Nachkriegszeit für die Bewohner, die kein Krankenhaus haben; heute ist die ärztliche Nothilfe durch einen modernen Hubschrauber gewährleistet.-
Wir fanden durch einen glücklichen Umstand unsere zweite Heimat auf Lampedusa bei dem Tausendsassa Umberto, Erbauer des Villaggio Turistico "LA ROCCIA", direkt an der Südküste. Nur in seinem grünen Paradies ist rund ums Jahr Saison, und der Preis stimmt auch.
Nach erfüllten Wochen mit den beschriebenen "Zutaten" Wechsel in der Position des Copiloten. Unser Ansmut mußte schon nach wenigen Tagen dienstlich in die Heimat zurück, so schwebte Georg(io), ein Lampedusa-Vielflieger, per Linie ein. Sonst einmotorig unterwegs, ging er voll Begeisterung mit uns auf den Rückflug.
Geplant war Catania, aber wegen eines Instrumentenausfalls wurde daraus zur Sicherheit zunächst Malta.
Den Stop haben wir intensiv genutzt; ein Höhepunkt war der Besuch im rasch wachsenden Luftfahrt-Museum am stillgelegten Flugplatz Ta'Qali.
Der Weiterflug ging dann über Lamezia, Neapel, Portoroz, Oberpfaffenhofen und Karlsbad zurück nach Rotenburg/Wümme, unserem Startplatz.
Die Benzinpreise in Frankreich und Italien sind bekannt hoch, wenngleich auch günstiger als in unserem von Ökosteuer geplagten Land. Angaben über Flughafengebühren in diesem Bericht sind für Lampedusa-Nachflieger ohne Bedeutung, da unser Fall eines VFR-Fluges mit 2,5t MTOW äußerst selten vorkommt. Für uns kam sogar noch die böse Überraschung, daß über 2 Tonnen von Italien und Kroatien Streckengebühren verlangt wurden.
Nach diesen wirtschaftlichen Anmerkungen zurück zur Isola del sole.-
In seinem Historienroman "Der stille Gott der Wölfe" läßt der Autor Andreas Englisch Jesus von Nazareth nicht die Kreuzigung erleiden, die Römer wagten dieses mit dem Volkshelden nicht, sondern sie deportierten ihn nach Lampedusa, wo er sein Leben als Schafhirte beendete.- Wer weiß das so genau. Aber der Lampedusa-Besucher kann fühlen, daß in dieser Erde etwas Besonderes verborgen ist.
Monika Wersche
PS:
Für Fragen rund um "unsere" Insel und Details zum Flug stehen wir gerne zur Verfügung. Vielleicht hier noch die Tel.-Nr. des erwähnten Villaggio Turistico "LA ROCCIA" : +39 0922 970055. Der Inhaber Umberto spricht perfekt deutsch, seine Frau Andrea englisch.
Unsere email-Adresse: funkstunde(at)yahoo.de , Tel.: 08191/970895