…..rein und weg
...war die tägliche Begrüßung durch den Chef Theo Hengsbach beim Betreten seiner Flugschule in Dortmund-Wickede im schönen Sommer 1967. Und das hielt er durch bis zur Prüfung, nahm mir (und sicher auch meinen Mitschülern) damit so manche Unsicherheit bei den ersten Schritten in das für den Anfänger ja zunächst unübersehbare Gebiet der Fliegerei. Wenn ER das so locker nahm, dann kann es ja wohl doch nicht zu schwierig sein, mit einem technischen Gerät schwerer als Luft die berühmte Flugstrecke von A nach B zu bewältigen….Ich hatte zunächst eine Flugausbildung an meinem damaligen Arbeitsort Stuttgart begonnen, aber die Organisationsform dort machte es unmöglich, die Schulung innerhalb eines Sommerurlaubs abzuschließen. In Dortmund lief alles wie gewünscht, ein unvergessener Sommer auf einem Abenteuerflugplatz—nach heutigen Maßstäben.
Natürlich eine Grasbahn und das mit einem „Berg“ in der Mitte. Funk? Nicht nötig, aber es gab das 10-Kanal Funkgerät von Becker für evtl. Verständigung. Mit meinem Hauptlehrer Horst Engels ging es zügig durch das volle Programm, hier ein Foto „meiner“ Schul-Cessna 150 D-EJEV.
Nach bestandener Prüfung fiel die Krawatte Horst Engels’ Schere zum Opfer…. Und so ein Neuling erkundet dann ja in Unterrichtspausen mit Begeisterung die ganze Welt eines Flugplatzes, die verschiedenen Hallen beherbergen immer neue Überraschungen, von kleinen Oldtimern bis zu komfortablen Firmenflugzeugen. Und genau so ein Streifzug wurde zum Schlüsselerlebnis…
eines Tages stehe ich vor einem großen, mir unbekannten Flugzeug in einem Hangar, denke mir gerade noch kurz „DAS ist ja ein tolles Ding“, finde schnell das kleine Typenschild…..Do 27 steht darauf! Das war also der schon damals legendäre Flieger, von dem ich vorher nur den Namen gehört hatte. Diese Do 27 hörte auf das Rufzeichen D-EANL, es war die Werk-Nr. 2060. Etwas später stand sie auf dem Vorfeld, leider habe ich kein brillanteres Foto gemacht.
Die D-EANL war sogar zu verkaufen, aber mit meinem Gehalt als Musiker in der ersten Anstellung beim Stuttgarter Kammerorchester als Konzertmeister blieb sie unerschwinglich.
Ab dem Tage hatte ich aber natürlich immer ein offenes Auge für jede Do 27, die ich irgendwo „erwischen“ konnte. Die beiden militärischen Maschinen SE+524 und SE+529, Werknummern 282 und 287, kamen nach Dortmund zu Besuch. Beide Do’s existieren nach meinen Unterlagen leider nicht mehr.
An einem anderen Tag kam die 217, leider lässt sich ohne das ganze Kennzeichen die Werk.-Nr. nicht sicher rekonstruieren.....
mit „Bubi“ Söldner am Sterknüppel. Er war Eigentümer des "Franken Air Service". Danach war ich von dem Virus endgültig befallen! Do-Fliegern muß ich hier wohl nicht mehr erzählen. Und dann, im Sommer 1969, kam, was eigentlich nicht ausbleiben konnte: „Do 27 zu verkaufen“ stand in einer Zeitung. Also ab zur Besichtigung nach Bonn-Hangelar, Probeflug, etwas pokern um den Preis, Kreditzusage einholen, Spornradeinweisung durch den Vorbesitzer, und über Nacht wurde ich Eigentümer der Do 27 D-ECLO, Werk-Nr. 2049! Mit Bergen von Unterlagen zuhause angekommen, den großen Vogel auf dem Platz wissend, hat mich dann doch in den ersten Tagen meine eigene Courage erschreckt. Werde ich alle Dinge meistern können, die mit so einem großen „Spielzeug“ verbunden sind? Aber alles klärte sich schnell, und bei 39 Pfennigen pro Liter Flugbenzin sammelten sich in den Folgejahren bis zu 100 Stunden in meinem Flugbuch
(Herr Matthöfer mit seiner dämlichen und nach meiner Ansicht unrechtmäßigen Neidbesteuerung der privaten Fliegerei war noch weit entfernt, aber jetzt hat die EU dem Unfug endlich ein Ende bereitet!). Deutschland auf und ab konnte ich bald fast ohne Karte bereisen, die meisten Nachbarländer habe ich erkundet und sogar einmotorig den Kanal nach England gut überstanden – beim ersten Mal tut’s noch nicht weh bezüglich der Bedenken. Lange Strecken einmotorig über Wasser
(die uralte Diskussion über dieses Thema will ich hier nicht aufgreifen) habe ich später aber möglichst vermieden. Bei einem Start in Karlstadt/Schweden riß mir am Motor der Zylinder 3 am Fuß ab. Am Tag vorher war ich sorglos 20 Minuten genau mittig über den großen Vänernsee geflogen……Nach ein paar Tagen kam Günter Proksch von MTU mit einem neuen Zylinder unter dem Arm nach Karlstadt und der Heimflug war wieder möglich.
Die Bilder geben ein paar Eindrücke aus diesen Jahren wieder. 1973 habe ich die D-ECLO, original ab Werk eine Zivil-Ausführung Q4, mit Profihilfe auf den Typ Q5 umgerüstet wegen der bedeutend besseren Rolleigenschaften mit dem breiteren Fahrwerk.
1975 bekam der Flieger eine schöne neue Lackierung im Werksdesign.
Um ein paar besondere Flüge herauszugreifen: Am 15. Mai 1970 wurden Bargteheide die Stadtrechte verliehen. Zum Fest gab mein Hamburger Streichquintett collegium con basso in der Heimatstadt des Ensemblegründers Georg Nothdorf ein Konzert. Die Anreise? Mit der Do 27 natürlich!
Heute fast undenkbar, aber es gab für 3 Tage in Bargteheide zum Fest eine Landebahn auf einem Bauernacker! Start in Fuhlsbüttel und Landung auf besagtem Acker, Empfang mit großem Bahnhof durch die Stadtoberen mit Fernsehaufnahmen. Anschließend 3 Tage Flugplatzfest mit Rundflügen.
Durch meinen Beruf waren natürlich viele Flüge mit der Musik verbunden. So auch, als ich die berühmte Altistin Marga Höffgen nach Bayreuther Festspielproben zu einer Aufführung nach Freiburg „einlud“. Ich sehe sie noch trotz der nicht sehr leisen Do 27 im Passagierraum mit einer Partitur auf den Knien beim Einstudieren einer Partie vor mir. Der Freiburger Bachchor war fast vollzählig auf dem Platz angetreten, man wollte die (selbstverständlich weiche!) Landung mit der Solistin, Ehefrau des Dirigenten des Abends, Theodor Egel, doch sehen!
Zu den Abenteuern eines jungen Do-Fliegers gehört ohne Zweifel eine Landung auf den kurzen Pisten-Reststücken auf Helgoland. Unvergessen der erste Anflug, bei dem gleich alles genau passte. Vielleicht hatte es mit der vollen Konzentration so gut geklappt nach dem entscheidenden Funkspruch der Luftaufsicht im Endteil:
„Jetzt nicht auf den FKK-Strand heruntersehen!“
Der traurige Unfall 1971 mit der Do 27 D-EABE Werk.Nr. 290 war mir von Anfang meiner "Fliegerkarriere" an eine Mahnung, nie zu vergessen, daß man sich zu keiner Zeit ZU sicher fühlen darf in der Fliegerei. Kurz nach dem Unfall, den nach meinen damaligen Informationen 2 Engländer verursacht haben beim untauglichen Versuch, Kunstflug vorzuführen, fuhr ich mit meinem Vater in die Nähe des Unfallortes zu dem Schrotthändler, der den Rest des Flugzeugs abgeholt hatte. Der Anblick war gerade für einen Jungflieger mehr als beeindruckend. Unter einem Seitenruderpedal klemmte noch der Schuh eines der Unglückspiloten. Ich gebe zu, daß ich mit der Reise auch den Gedanken an vielleicht noch brauchbare Teile verbunden hatte, aber da war nichts mehr heil geblieben. Nur das Hauptschild war nicht beschädigt und der Händler erlaubte die Demontage. Es liegt seitdem auf meinem Schreibtisch als Warnung.
Das ganz gewöhnliche Auf und Ab, wie in jedem Lebenslauf, brachte es auch für mich mit sich, daß die Fliegerei immer mal wieder den Realitäten den Vorrang einräumen mußte.
1975 fiel die Entscheidung zum Verkauf der D-ECLO. Der Reiter Hermann Schridde erwarb das Flugzeug, es war in erster Linie für den Absetzbetrieb auf „seinem“ Flugplatz Meißendorf bestimmt. Feine „Umweltschützer“, in meinen Augen in diesem Fall einfach Kriminelle, haben das schöne Flugzeug dann im April 1980 in Lüneburg abgefackelt!
Aber die Katze läßt…..nach Wiederherstellung der entsprechenden wirtschaftlichen Grundlagen wollte ich wieder abheben. Nach kurzer Suche fand ich 1978 heraus, daß die Do 27 Q5 D-EMIH, Werk. Nr. 2027, zu haben war. Ich kannte das Flugzeug von der Hannover Messe 1970. Mit dem Eigner, Franz Josef „Benno“ Bietmann
wurde ich schnell handelseinig.
Eine sehr reichlich ausgestattete Maschine, an der nichts mehr zu „verbessern“ war: Sie war 1968 auf das breite Fahrwerk der Q5 umgerüstet worden, hatte die gemütliche Zivil-Innenausstattung, das durchgehende Instrumentenbrett der Do 28 A, Zusatztanks und Schalldämpfer. Nach der Unterbrechung von 3 Jahren waren ein paar Landungen zum Wiedereinfühlen fällig und wieder ging es kreuz und quer durchs Land. Ganz besonders bleiben mehrere Nordsee-Inselflüge in der Erinnerung. Technisch machte die D-EMIH keine Probleme und Ersatzteile waren in den Jahren noch relativ leicht zu finden. Dazu kamen die günstigen Versteigerungen von Do-Teilen aus Bundeswehrbeständen. Immer wieder kam ich mit schwer beladenem Wagen aus den Depots nach Hause.
Wird fortgesetzt....